Abschätzung der Nettoleistung einer solaren Brauchwasseranlage

Dipl.-Ing. F. Axel Berger [1]

Diese Arbeit stammt aus dem Sommer 1992 und ist in Bezug auf die konkreten damals handelsüblichen Komponenten sicher überholt. Die Physik und die grundsätzlichen Überlegungen gelten aber unverändert.

Der Text liegt auch als PDF vor, sogar zweimal, als Format A5 und als A4 zweispaltig - an irgendwas muß ich ja TeX üben.

1 Auswahl der Anlagenkomponenten

Die hier betrachtete Musteranlage besteht aus:

Diese Anlagengröße entspricht den Empfehlungen der Fa. Solvis für eine vierköpfige Familie. Aus den Datenblättern der Fa. Solvis [2] sowie einem geschätzten Literaturwert für die Rohrleitung ergeben sich die folgenden Strömungswiderstände bei Wasser mit 1,0 m³/h:

2 Betriebspunkte der Anlage

Aus den Schnitten der Widerstandsparabel mit den Kennlinien der gewählten Pumpe aus dem Grundfos Datenblatt erhalten wir die folgenden drei Betriebspunkte:

el. Leistung
[W]
Durchfluß
[m³/h]
Förderdruck
[bar]
Wirkungsgrad
[%]
Stufe 1 35 0,43 0,125 4,3
Stufe 2 65 0,66 0,30 8,5
Stufe 3 100 0,86 0,50 11,9

Da die Kennlinien der Pumpe im betrachteten Bereich nur mäßig fallend sind, hängen diese Werte nicht übermäßig stark von den oben gemachten Angaben ab und können daher als einigermaßen typisch gelten.

3 Betriebsverhalten des Kollektors

Für die spezifische Nutzwärmeleistung des Kollektors wird im Datenblatt der Fa. Solvis die folgende Abhängigkeit von der einfallenden Strahlung und der Temperaturdifferenz der Wärmeträgerflüssigkeit zur Umgebung angegeben:

P = 0,83 G – 3,75 W/(m² K) δT

Hierbei wird die Abhängigkeit vom Volumenstrom des Wärmeträgers vernachlässigt. [3]

4 Betriebsverhalten des Wärmetauschers

Dieser Teil der Anlage ist besonders schwierig abzuschätzen. Die Datenblätter der Fa. Solvis sind in der vorliegenden Form unbrauchbar. Dargestellt ist dort die Leistung in Abhängigkeit vom Volumenstrom des Wärmeträgers für drei verschiedene Eintrittstemperaturen. Entscheidend für den konvektiven Wärmeübergang ist jedoch nicht die absolute Temperatur der Wärmetauscheroberfläche sondern die Temperaturdifferenz zum umgebenden Medium. Mit der zusätzlichen Annahme, daß die Kurven für eine Speichertemperatur von 15 °C aufgenommen wurden, gelten sie für die Temperaturdifferenzen 35, 55 und 75 K. Diese liegen allesamt sehr viel höher als die für einen sinnvollen Betrieb wünschenswerten. Nimmt man bei konstantem Volumenstrom eine Abhängigkeit der Leistung von der Temperaturdifferenz in der Form

P = c • δTn

an, [4] so führt Regressionsrechnung mit den für die o.g. drei Volumenströme aus dem Diagramm abgelesenen Werten auf die folgenden Parameter:

Volumenstrom
[m³/h]
n
[/]
c
[W/Kn]
cG
[W/Kn]
0,43 1,50 41,1 34,9
0,66 1,46 60,6 51,5
0,86 1,42 81,0 68,8

Der Index G kennzeichnet dabei die um 15 % verringerte Leistung bei der Verwendung von Frostschutzmittel im Kreislauf. [5]

5 Leistungskurven der Anlage

Mit den für eine gegebene Einstrahlung jetzt bekannten Temperaturdifferenzen Wärmeträger—Umgebung und Wärmeträger—Speicherwasser in Abhängigkeit von der Nutzleistung können die Leistungskurven der Anlage gezeichnet werden (Abb. 1 ÷ 5). Zu beachten ist hierbei, daß hier nicht die absolute Temperatur des Speicherwassers zugrundeliegt, sondern die Differenz zur Außentemperatur. Diese ist bei gleicher Wassertemperatur im Winter natürlich größer als im Sommer.

Leistungskurven bei Einstrahlung von 100 W/m^2

Leistungskurven bei Einstrahlung von 250 W/m^2

Leistungskurven bei Einstrahlung von 400 W/m^2

Leistungskurven bei Einstrahlung von 550 W/m^2

Leistungskurven bei Einstrahlung von 700 W/m^2

Sinnvoll ist der Betrieb der Anlage wohl nur dann, wenn die solare Wärmeleistung mindestens doppelt so groß ist, wie die zum Betrieb der Umwälzpumpe im Kraftwerk verfeuerte Primärenergieleistung [6]

Bei 40 % Kraftwerkswirkungsgrad sind das für die Stufe 1 der Pumpe also mindestens 175 W. Mit demselben Kriterium empfielt sich das Umschalten auf Stufe 2 bzw. 3 bei einem Abstand der Leistungskurven von 150 bzw. 175 W.

Mit der Anlage kann an einem kühlen Sommertag mit 15 °C bei bedecktem Himmel und einer Einstrahlung von nur 100 W/m² immerhin noch eine Vorwärmung des Wassers auf 27 °C erfolgen (Abb. 1). An einem klaren Wintertag mit 0 °C und 700 W/m² kann nach einem Verbrauch von 130 l die Anfangstemperatur von 55 °C in drei Stunden wiederhergestellt werden [7] (Abb. 5). Bei 18 °C und 250 W/m² wird dieselbe Heizarbeit in 15 h geleistet (Abb. 2), bei 400 W/m² in 5½ h (Abb. 3) und bei 550 W/m² in 3½ h. Damit dürfte im Sommer auch an bewölkten Tagen ein Nachheizen kaum jemals erforderlich sein und selbst im Winter ein spürbarer Beitrag geleistet werden.

6 Überprüfung der Komponentenwahl und Regelkriterien

Wie Abb. 5 zeigt, wird die Pumpe nach den o.g. Kriterien im gesamten hier betrachteten Leistungsbereich sinnvollerweise nur in Stufe 1 betrieben. Die UPS 25-60 weist jedoch von allen in Frage kommenden Grundfos Wechsel- und Drehstrompumpen den mit Abstand besten Wirkungsgrad auf. Die nächst kleinere Baugröße UPS 25-40 könnte zwar bis etwa 1000 W Wärmeleistung in Stufe 1 mit ca. 15 % weniger Stromverbrauch betrieben werden, müßte darüber jedoch auf Stufe 2 geschaltet werden, wo sie bei fast gleicher Förderleistung 60 % mehr Strom verbraucht als die UPS 25-60 in Stufe 1. Alternativ böte sich allenfalls die dreimal so teure Gleichstrompumpe UP 15-35x20 an, die in der betrachteten Anlage bei deutlich besserem Wirkungsgrad und stufenloser Regelbarkeit Volumenströme bis 0,65 m³/h liefern kann.

Differenztemperaturen in Abhängigkeit von der Heizleistung

Für die Regelung empfielt es sich gemäß Abb. 1÷ 4 die stillstehende Pumpe einzuschalten, wenn die Leerlauftemperatur des Kollektors etwa 12 ÷ 15 K über der Speichertemperatur liegt. Abgeschaltet wird nach Abb. 6 bei einer Temperaturdifferenz von 3 K. Da eine Umschaltung der Stufen nicht gewünscht wird, ist die Kenntnis des Innenaufbaus der Umwälzpumpe nicht erforderlich und es erübrigt sich jeder Eingriff, was in den meisten Fällen den Wünschen des Anwenders entgegenkommen dürfte. Alles was gebraucht wird ist ein Temperaturdifferenzschalter mit einem Relais in der Versorgungsleitung zur Pumpe.

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1
Dipl.-Ing. F. Axel Berger; Johann-Häck-Straße 14; 5068 Odenthal-Heide
Wiss. Assistent am Lehrstuhl für Hochtemperaturthermodynamik, RWTH Aachen Zurück
2
Die Beschränkung auf Komponenten dieses Herstellers ist dadurch begründet, daß dies der einzige ist, der Leistungsdaten seiner Produkte veröffentlicht. Zurück
3
Da die oben angegeben Volumenströme alle wesentlich größer sind als der von Solvis genannte Nenndurchfluß von 0,24 m³/h, kann die Abweichung aber nur zu besseren Werten hin liegen. Zurück
4
Eine funktioneller Zusammenhang dieser Form ist für solche Wärmeübergänge typisch. Insbesondere stellt er sicher, daß gleiche Temperaturen auf beiden Seiten zum Verschwinden der Wärmeleistung führen. Zurück
5
Auffallend ist hier die Größe der Exponenten n. Auf der Wärmetauscherinnenseite sollte bei erzwungener Konvektion n=1 gelten, und für die freie Konvektion auf der Rohraußenseite wäre nach der Theorie eine Beziehung der Form
Nu = c • (Gr•Pr)0,25
zu erwarten, nach Elimination der Geometrie- und Stoffkonstanten also ein Verlauf der Form:
P = c • δT1,25
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6
Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Speicherverluste. Elektrische Energie sollte besser nur bei Bedarf zum Nachheizen in einem Durchlauferhitzer eingesetzt werden, als zur ständigen Aufrechterhaltung einer hohen Bereitschaftstemperatur auf Verdacht. Insbesondere die von allen Herstellern angebotenen elektrischen Heizstäbe für den Bereitschaftsteil erweisen sich unter diesem Gesichtspunkt als übler Schildbürgerstreich. Zurück
7
Dies gilt für eine Frischwassertemperatur von 15 °C und vollständige Durchmischung. Dabei sinkt die Speichertemperatur auf 42 °C. Wegen der Temperaturschichtung sind die realen Verhältnisse sogar noch günstiger. Die Anfangsleistung beträgt dann nicht 2200 sondern 2800 W. Zurück