Die praktische Ausführung des am LAT [1] verwendeten Zünders beruht auf der folgenden Deutung des Plasmastrahleffektes. Der Zündfunke erzeugt in einem Hohlraum ein hochaufgeheiztes Plasma, das in einem energiereichen Strahl mit hoher Geschwindigkeit austritt. Dieser Strahl erfaßt analog zum Zündstrahl im Schichtladungsmotor bzw. bei der Wirbelkammerzündkerze ein großes Gemischvolumen und leitet vom Inneren des Brennraums her die Entflammung ein. Die bisherigen Veröffentlichungen (/Ku88/ /To82/) maßen daher auch der Eindringtiefe dieses Strahls besondere Bedeutung bei und verwendeten i.A. Zünder mit im Vergleich zum Hohlraumdurchmesser kleinen Austrittsöffnungen. Dazu im Widerspruch standen allerdings die experimentellen Ergebnisse mit höchster Entflammungsfähigkeit gerade bei den größten Austrittsöffnungen und damit nur geringer Eindringtiefe /Ku88/ /Ed83/. Der dieser Untersuchung zugrundeliegende Zünder verzichtet daher auch ganz auf eine metallische Anodenplatte und verwendet einen ins Zentrum ragenden Anodenstift. Damit konnte im Gegensatz zu den Gleitfunken der Vorgängerversionen ein freier Überschlag im Zentrum des Hohlraumes erreicht werden. Abb. 2.1 zeigt zum Vergleich die Zünderspitzen von Kupe und die weiterentwickelte von Brünken.
Abb. 2.1 Zünderspitzen von Kupe (links) und Brünken (rechts) |
Damit die elektrische Energie vollständig an den erzeugten Plasmastrahl übertragen werden kann, muß die Entladungszeit klein gegen die Zeitkonstante der mechanischen Strömung sein. Bei einem Hohlraumdurchmesser d = 4 mm und einer Schallgeschwindigkeit c = 600 m/sec [2] entspricht das etwa 7 µsec. Solche Entladungszeiten sind nur mit Energiespeicherung direkt an der Zündkerze zu erreichen. Es wurde daher versucht einen Hochspannungskondensator möglichst induktivitäts- und widerstandsarm direkt an der Zündkerze anzubringen. Geeignete Kondensatoren mit einer Durchschlagfestigkeit von ca. 40 kV sind nicht handelsüblich und es war erforderlich, eine Eigenkonstruktion zu entwickeln. Als Bauart mit geringstmöglicher Eigeninduktivität wurde ein koaxialer Zylinderkondensator gewählt. Für eine Kapazität von ca. 200 pF erforderten die zur Verfügung stehenden Materialien und Fertigungstechniken Abmessungen von 100 mm Länge und 60 mm Durchmesser. Die Länge der zylindrischen Mittelelektrode wurde zur Variation der Kapazität zwischen 5 mm und 95 mm ausgeführt. Für die Montierbarkeit am vorhandenen Versuchsmotor mußten Kondensator und Zünderspitze mit einem vergleichsweise langen und schlanken Hals verbunden werden. Zur Verhinderung von elektrischem Durchschlag und Gleitfunkenentladung wurde die nicht vergossen montierte Anordnung mit Stickstoffdruck zwischen 7 und 20 bar beaufschlagt.
Abb. 2.2 Plasmazünder komplett |
Mit der bis hier besprochenen Anordnung hinge die Durchbruchspannung allein von den Bedingungen an der Zünderspitze ab und wäre damit stark lastabhängig. Wegen der quadratischen Abhängigkeit der Energie von der Spannung ergäbe das gerade bei kleinen Lasten mit ihren besonders ungünstigen Entflammungsbedingungen extrem kleine Energien. Zwischen Kondensator und Zünderspitze wurde deshalb eine einstellbare Vorfunkenstrecke angeordnet und deren Durchbruchspannung mit Stickstoffdruck über die der Zünderspitze gehoben. Damit wurde die Entladungsenergie vom Betriebspunkt unabhängig. Als geeignete Parameter für das gesamte Motorenkennfeld wurden von Brünken 31 kV und 1.5 mm Elektrodenabstand gefunden [3]. Wie später gezeigt wird, lassen sich die Verluste in der Vorfunkenstrecke auf etwa ein Drittel der Gesamtverluste reduzieren. Abb. 2.2 zeigt den verwendeten Zünder.
Alle motorischen Messungen wurden an einem seriennahen Vierzylinder-Ottomotor auf einem Prüfstand des LAT durchgeführt. Es handelt sich um einen 1.72 l-Vierzylinder mit 86.4 mm Hub und 79.5 mm Bohrung, einem Verdichtungsverhältnis ε = 9.5, flachem Zylinderkopf und Heron-Brennräumen in der Kolbenmulde. Ein auf dem Kurbelwellenende montierter Geber ermöglicht die Bestimmung des Kurbelwinkels in Schritten von 1°KW. Sowohl die sequentielle Kraftstoffeinspritzung als auch die Zündung wurden von der Prüfstandselektronik her angesteuert. Dabei betrug die einstellbare Auflösung für Zünd- und Einspritzzeitpunkt sowie für den Schließwinkel der Zündung jeweils 1°KW und für die Einspritzdauer 1 µsec.
Für die Untersuchungen am Plasmastrahlzünder wurde der erste Zylinder mit völlig getrennter Luft- und Kraftstoffversorgung und eigener Zündverstellelektronik versehen. Die übrigen drei Zylinder sorgen durch die Einstellung eines optimierten Betriebspunktes für einen störungsfreien Rundlauf des Gesamtmotors. Sie ermöglichen den Weiterlauf bei Ausfall des ersten Zylinders und verbessern in marginalen Betriebspunkten die Drehzahlkonstanz.
Mit einem Quarzdruckaufnehmer mit nachgeschalteter Indizierkette wurden die Druckverläufe des ersten Zylinders aufgenommen. Der zur Verfügung stehende Rechner mit Indizierprogramm Fevis ermöglichte dabei die digitalisierte Aufnahme der Zylinderdrücke im Abstand von 1°KW und Speicherung von mehr als 200 kompletten Zyklen. In der Praxis wurden im allgemeinen von jedem Betriebspunkt dreimal je hundert Zyklen aufgenommen. Das Indizierprogramm ermöglichte daraus die Berechnung der Kennwerte Mitteldruck, Mitteldruck der Ladungswechseltakte, Maximaldruck und Lage des Maximaldruckes. Diese Werte konnten für jeden Zyklus einzeln und als Mittelwert mit Standardabweichung über alle hundert Zyklen ausgegeben werden. In dieser Arbeit ausgewertet wurden Mittelwert und Standardabweichung des indizierten Mitteldruckes. Als weitere Möglichkeit konnte durch punktweise Mittelung ein mittlerer Druckverlauf errechnet werden. Dieser konnte dann mit einem auf dem Institutsrechner implementierten Programm /Sc76/ zur Berechnung der Brennfunktion herangezogen werden. Die Bestimmung der Massenströme, der Energiebilanzen und der Abgasemissionen erfolgt über die üblichen Meßeinrichtungen der Motorenprüfstände. Zur Kontrolle des über die Einspritzung konstant eingestellten Kraftstoffmassenstromes wurde die Durchflußdauer des bekannten Volumens einer Seppler-Anlage bestimmt und der erhaltene Volumenstrom mit Hilfe einer zusätzlichen Temperaturmessung auf den Massenstrom umgerechnet. Die Luftzufuhr erfolgte über einen geeichten Drehkolbengaszähler mit nachgeschaltetem Ausgleichsgefäß sowie Druck und Temperaturmessung zur Ermittlung des Massenstroms. Die Abgaszusammensetzung wurde bestimmt mit Infrarotabsorptionsmeßgeräten für Kohlenmonoxid und -dioxid, einem Hartmann & Braun Flammenionisationsdetektor für die Kohlenwasserstoffe und einem Thermoelektron Chemolumineszenz Analysator für die Stickoxide. Zusätzlich wurde die Restsauerstoffkonzentration im Abgas bestimmt. Mit Ausnahme der Kohlenwasserstoffe erfolgte die Messung am getrockneten Abgas. Mithilfe der relativen Luftfeuchtigkeit und der Umgebungstemperatur und daraus des Wassergehaltes der Ansaugluft wurde auf feuchtes Abgas zurückgerechnet. Ergänzend zur volumetrischen Bestimmung kann das Luftverhältnis nach der Formel von Spindt auch aus der Abgaszusammensetzung bestimmt werden:
Dabei sind:LSt | das stöchiometrische Luftverhältnis (≈ 14.2 kg/kg) |
CO, CO2, C3H8, O2 | die jeweiligen Gaskonzentrationen als dimensionslose Volumenanteile |
CB, HB, OB | die Massenanteile der jeweiligen Atomart im Kraftstoff |
Für die Untersuchung der Einflußparameter des Plasmastrahlzündsystems wurde ein Betriebspunkt kleiner Drehzahl und Last festgelegt. Hier liegen wegen geringer Füllung, niedriger Gemischdichte, niedriger Einströmgeschwindigkeit und geringer Verwirbelung relativ schwierige Zünd- und Entflammungsbedingungen vor. Für den Referenzpunkt wurde deshalb eine Drehzahl n = 1000 min-1 und ein Kraftstoffmassenstrom von mPK = 320 g/h = 91 mg/sec eingestellt. Bei λ = 1.3 entspricht das einem indizierten Mitteldruck von etwa 3.5 bar. Die Abmagerung des Gemisches erfolgte durch Veränderung des Luftmassenstroms über die Einstellung der Drosselklappe.
Als Meßgrößen wurden bestimmt:
Die Auswertung der motorischen Ergebnisse wird sich in dieser Arbeit im wesentlichen auf Messungen an der mageren Laufgrenze beschränken. Sie wurde im Rahmen aller am LAT durchgeführten Untersuchungen einheitlich als der Punkt festgelegt, an dem bei optimalem Zündzeitpunkt die Laufunruhe δ(pmi) die Grenze von 15 % erreicht. Die Abweichung von den literaturüblichen 10 % hat dabei rein praktische Gründe. Im betrachteten Betriebspunkt zeigte der Versuchsmotor bei Abmagerung fast unabhängig vom Zündsystem einen sprunghaften Anstieg der Laufunruhe in diesem Bereich. Abb. 2.3 zeigt einen typischen Verlauf. Wie man gut erkennt, erreicht man bei 15 % die geringste Meßunsicherheit und größte Reproduzierbarkeit der Ergebnisse.
Abb. 2.3 Anstieg der Laufunruhe in Abhängigkeit von Lambda |
Abb. 2.4 Aufbau des Motorprüfstandes |
Diese Messungen sollen bestimmen, welcher Teil der elektrisch zur Verfügung gestellten Energie vom Zünder tatsächlich an das Gas übertragen wird. Zu diesem Zweck wurde eine zylindrische Messingkammer mit je 40 mm Innenlänge und -durchmesser gefertigt und mit Anschlüssen für den Zünder, einen Quarzdruckaufnehmer und eine Gaszufuhr versehen. Zur Schall- und Wärmedämmung wurden die Innenwände der Kammer dick mit Silikonkautschuk beschichtet. Das resultierende Gasvolumen betrug 16.5 cm³. Über die Gaszufuhr wurde mit Stickstoff auf 3 bar Überdruck entsprechend 4 barabs aufgefüllt, um eine dem Motorbetrieb vergleichbare Gasdichte zu erhalten. In die Gaszufuhr wurde ein Drosselventil eingesetzt und so einjustiert, daß die Befüllung etwa fünf Minuten in Anspruch nahm. Damit wurde erreicht, daß zwar geringe Gasverluste durch kleine Undichtigkeiten ausgeglichen werden können, für schnelle Druckänderungen das Gefäß aber praktisch geschlossen ist. Abb. 2.5 zeigt die Kammer und Abb. 2.6 gibt schematisch den Gesamtaufbau wieder.
Abb. 2.5 Schematische Darstellung der Druckkammer |
Abb. 2.6 Versuchsaufbau für Hochspannungsmessungen |
Grundlage des Meßverfahrens ist die Tatsache, daß einem Gas isochor zugeführte Energie als Druckanstieg gemessen werden kann /Sa81/ /Ro51/. Wegen der kurzen Thermalisierungszeiten der Ionisations- und Dissoziationsenergie kann die gesamte Energiezufuhr als Wärme behandelt werden. Das thermische Gleichgewicht in der Kammer ist für die Messung nicht erforderlich. Adiabatische Expansion des heißen und adiabatische Kompression des kälteren Teilvolumens führt zum selben Druck wie der thermische Gleichgewichtszustand. Da der Druckausgleich sehr viel schneller abläuft als der Temperaturausgleich, kann die Messung abgeschlossen werden, bevor durch Wärmeableitung an das Gefäß zu viel Energie verloren gegangen ist. Die Wärmemenge, die schon während der Entladung oder sehr kurz danach über die Elektroden abgeleitet wird, wird hier nicht gemessen und steht auch der Entflammung nicht zur Verfügung.
Das Verhältnis der Wärmekapazität bei konstantem Volumen zur Gaskonstante hängt bei idealen Gasen nur von der Zahl der Freiheitsgrade ab. Für zweiatomige Gase und nicht zu hohe Temperaturen gilt:
(2.2) cV= 5/2 • R
Das Verhältnis der eingebrachten Energie zum Druckanstieg ergibt sich damit zu:
(2.3) EG= 5/2 • Vo•Δp
Als Meßaufnehmer diente ein hochempfindlicher Kistler Quarzdruckgeber mit 2.0 nC/bar, ein Kistler Ladungsverstärker und ein Tektronix Speicheroszilloskop. Zur Unterdrückung hochfrequenter Schallwellen wurde die Verbindung zwischen Kammer und Geber mit Watte gefüllt. Der im Ladungsverstärker integrierte Tiefpaß wurde auf eine Grenzfrequenz von 3 kHz und die Integrationszeit auf 100 msec eingestellt. Letztere war kurz genug, um bei der gewählten Wiederholfrequenz von 10 Hz ein stehendes Bild ohne Nullpunktdrift zu erhalten, aber lang genug um die Druckamplitude noch nicht erkennbar abzusenken. Als Meßwert wurde jeweils das Mittel aus etwa dreißig Einzelablesungen gebildet. Die Standardabweichung der Einzelwerte lag typisch zwischen 5 ÷ 10 %.
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